Die Pflege-Anleitung eines Olivenbäumchens im Kübel ist um einiges umfassender als die Pflege-Anleitung für einen normalen Olivenbaums. Mit dem haben die Zier-Bäumchen nämlich nicht sehr viel zu tun, noch nicht einmal vom grundsätzlichen Aufbau her:
Olivenbäumchen und Olivenbaum?
Nach einer Untersuchung des Umweltbundesamtes werden Olivenbäume bei uns seit Jahren zunehmend als Zierpflanze genutzt. Ein großer Teil dieser Olivenbäume wird als Hochstamm verkauft, weil sich diese Olivenbäumchen auf Balkon und Terrasse sehr viel leichter kultivieren lassen als ein richtiger, traditionell gezogener Olivenbaum.
Bei der normalen Aufzucht eines Olivenbaums wird der schnell wachsende Ersttrieb früh gekappt, um dann einige kräftige Hauptäste auszuwählen, bei deren langsamerem Wachstum auf regelmäßige Verzweigung geachtet wird.
In dieser Tradition werden die Olivenbäumchen-Hochstämme nicht gezogen, sondern man lässt den rasch wachsenden Anfangstrieb einfach in die Höhe steigen, bis der gewünschte “Stamm” ausgebildet ist. Dann wird er gekappt und verzweigt sich, in einem für Olivenbäume völligen untypischen Aufbau werden hoch sitzende Äste stehen gelassen. Die werden wieder zur Verzweigung angeregt, bis sie eine untypisch kleine, dichte Krone geformt haben, die in runde Form gebracht wird.
Diese Turbo-Aufzucht hat einige Nachteile:
- Das Wurzelsystems kann sich nicht in gewohnter Qualität ausbilden
- Der Aufbau widerspricht dem natürlichen Aufbau eines Olivenbaums
- Die Olive strebt deshalb immer wieder in die Breite
- Ein Olivenbäumchen-Hochstamm muss also ständig durch Beschnitt korrigiert werden
- Die enge Krone ist häufig nicht luftig genug und begünstigt deshalb Pilzbefall
- Auch saugende Pflanzenläuse mögen ein solches pflanzliches Dickicht
Die Olivenbäumchen-Hochstämme lassen sich zwar sehr viel leichter ziehen und sind in Rekordzeiten verkaufsfertig, sind aber keine richtig echten Olivenbäume (wie sie möglicherweise zum echten Olivenbaum werden können, erfahren Sie gleich unten).
Sie sind längst nicht so robust wie echte Olivenbäume, und die Lagerungs- und Verkaufsbedingungen lassen beim Olivenbäumchen (im Sonderangebot) auch noch oft zu wünschen übrig: Die Olivenbäumchen stehen in viel zu kleinen Töpfen und in einem nicht gerade hochwertigen Substrat, werden unter ungeeigneten Bedingungen und nicht selten in völliger Dunkelheit aufbewahrt, bis sie noch ein wenig Zeit in einem fensterlosen, künstlich beleuchteten Verkaufsraum verbringen dürfen. Pflege gibt es in dieser ganzen Zeit vielleicht, aber nicht von Menschen, die sich mit Pflanzen auskennen, meist beschränkt auf Wassergaben in willkürlich gewählter Menge.
Gute Startposition für Ihr Olivenbäumchen
Olivenbäumchen werden gerade überall verkauft, beim Discounter und im Supermarkt, im Baumarkt und im Möbelhaus, über Internet-Auktionen und über Internet-Handelsplattformen, die eigentlich sonst eher lebloses Zeug verkaufen.
Diese Olivenbäumchen haben außer Schäden durch die gerade geschilderte Behandlung noch einen anderen großen Nachteil: Sie erfahren, dass es sich um einen “Olea europea” handelt, aber mehr auch nicht. Von diesen “Olea europea” gibt es jedoch einige Tausend Sorten, sie werden immerhin seit ein paar Jahrtausenden in den unterschiedlichsten Regionen der Welt gezüchtet. Ihr Olivenbäumchen könnte aus irgendeiner tropischen Weltregion kommen, aus Süditalien oder aus Südspanien – es gibt viele Olivenbaum-Sorten, die sich in unserem Klima nie wohlfühlen werden.
Auch ein Olivenbäumchen sollten Sie deshalb in einer Baumschule oder in einer spezialisierten Gärtnerei kaufen, die die Pflanze selbst aufgezogen hat. Dieser Aufzuchtbetrieb sollte auch nicht in südlichen Gefilden liegen, sondern in einem Klima, das nicht allzu weit vom Klima an Ihrem Heimatort abweicht. Lassen Sie sich vom Händler beraten, welche Olivenbaum-Sorte es sein soll, holen Sie Ihren Olivenbaum selbst ab oder lassen Sie ihn per LKW anliefern, per Paket verschickte Olivenbäumchen haben schlechte Chancen.
Wenn Sie doch irgendwo ein Schnäppchen mitnehmen wollen, schauen Sie sich das ganz genau an. Sie sollten weder kleine Tierchen noch Pilzgeflechte finden, auch keine Blattflecken oder knollige Stammwucherungen. Das Olivenbäumchen sollte kräftige und straffe Triebe und sattgrüne Blätter zeigen; wenn es mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, sollte man Ihnen sagen können, mit welchen, damit sich empfindliche Menschen über die enthaltene Chemie informieren können (außerdem sind derartige Fragen immer ein guter Test, ob Sie es mit einem fachkundigen Händler zu tun haben, der wird ohne Zögern antworten).
Olivenbäumchen – Pflege-Anleitung
Aber Oliven sind zäh, auch aus einem schlecht gestarteten Olivenbäumchen kann bei guter Pflege etwas werden, und so sieht diese gute Pflege aus:
Ein Olivenbäumchen im Winz-Topf und in eher kritischem Zustand wird als allererstes umgetopft, am besten in einen größeren Tontopf und in eine Mischung aus Gartenerde und Sand. Im Gegensatz zum Kunststofftopf nehmen Tonkübel Feuchtigkeit auf und geben sie ab. Diese Ausgleichsfunktion schafft ein gutes Klima für Pflanzen – ja- verbraucht ein bisschen mehr Wasser, fällt aber erst ins Gewicht, wenn Sie auf dem Balkon eine Olivenplantage eröffnen.
Das Olivenbäumchen sollte auch bei uns in Deutschland so viel Zeit wie möglich im Freien verbringen, auf Balkonen mit günstigem Mikroklima kann das Olivenbäumchen von frühem Frühjahr bis späten Herbst stehen. Oliven brauchen sehr viel Licht für ihre Photosynthese, dunkle Wohnräume sollten sie höchstens zur Überwinterung sehen.
Alle Gebiete, in denen Oliven natürlich wachsen, liegen näher am Äquator als Deutschland (30. – 45. Breitengrad, Deutschland fängt erst mit dem 47. Breitengrad an). Je mehr nach Norden, desto mehr nimmt die Kraft der Sonnenstrahlung ab. Schon auf dem Balkon täte dem Olivenbäumchen in Deutschland eigentlich eine Pflanzenlampe gut (drinnen erst recht).
In Zeiten von LED-Pflanzenlicht durchaus eine Möglichkeit, das verbraucht und kostet sehr wenig. Olivenbäume wachsen in recht trockenem Klima und trockenen Böden, ihr Minimum liegt bei 200 mm Jahresniederschlag (Deutschland: durchschnittlich 760 mm). Also zurückhaltend bewässern, und Staunässe wollen Oliven wirklich überhaupt nicht kennenlernen (= funktionierender! Ablauf im Kübel).
Auch Nährstoffe brauchen Olivenbäumchen eher in zurückhaltenden Mengen, sie sind karge Naturböden gewöhnt, nach Pflanzenforschungs-Experimenten sollen sogar vollkommen ungedüngte Oliven die meisten Wurzeln entwickeln. Das allerdings bei Wachstum im Olivenhain und nicht im Kübel, im Topf braucht die Olive etwas Dünger. Am besten geeignet soll organischer Dünger mit Pottasche (Kaliumcarbonat) und Huminstoffen sein, wie z. B. Fertofit Gartendünger, ein organischer Dünger mit NPK-Anteilen (Stickstoff, Phosphor, Kalium) 7/3/6. Recht viel Kalium enthalten auch Beinwellmulch, Farnkrautmulch, Knochenmehl.
Die letzte Düngergabe gibt es im August, ab dann müssen die Pflanzenzellen für den Winter reifen. Wenn die Wurzeln den gesamten Kübel erobert haben, muss das Olivenbäumchen umgetopft werden. Dabei werden die Wurzeln beschnitten, sowohl “lange Schlangen” als auch “dicke, querwachsende Äste” werden weggeschnitten. Dann die Feinwurzeln auf Fehlbildungen kontrollieren und rundum ein wenig stutzten, das regt den Wuchs an.
Olivenbaum-Hochstämme werden meist veredelt und tragen oft und sehr schnell Oliven, diese Oliven schmecken, wenn (auch bei Selbstbefruchtern) eine zweite Olive zum Befruchten in der Nähe steht und sie eine Zusatzbeleuchtung installieren, nur mit der können die Oliven in unserem Klima ausreifen.
Schneiden
Wichtig ist beim Olivenbaum-Hochstamm vor allem regelmäßige Schnittpflege (wenn er ein Hochstamm bleiben soll):
- Jedes Frühjahr müssen alle Zweige entfernt werden, die über die Krone hinauswachsen
- Die Krone sollte auch ein wenig ausgelichtet werden
- Zuerst werden immer die Triebe weggeschnitten, die schwach oder kränklich aussehen oder wild in die Gegend wachsen
- Triebe am Stamm, die unterhalb der Krone erscheinen, müssen ständig entfernt werden
- Wenn das Olivenbäumchen von Krankheiten oder Schädlingen heimgesucht wird, ist ev. Radikalschnitt fällig
- Oder wenn ein ganz altes Olivenbäumchen merkbar mit dem Wachsen aufhört
- Schneiden Sie das Olivenbäumchen bis auf wenige Äste zurück, normalerweise verträgt es das gut
Wenn Sie lieber eine echte, urige Olive hätten als ein Olivenbäumchen, können Sie ausprobieren, ob Ihr Hochstamm zu einer solchen urigen Olive wird: Triebe am Stamm einfach wachsen lassen, Krone in alle Richtungen ausschlagen lassen und nach und nach schön luftig formen. Ihr Olivenbäumchen verändert sich dabei allerdings, denn hier wird sich irgendwann die Unterlage durchsetzen, das ist meist eine einfache, robuste Olivensorte.
Überwintern
Ein Olivenbäumchen überlebt unseren Winter nur mit gutem Schutz:
- Das Olivenbäumchen ist als Jungpflanze noch ziemlich empfindlich, es sollte am besten im Haus überwintern
- Die immergrünen Pflanzen brauchen einen hellen kühlen Raum
- Sie sind allerdings nicht sehr wählerisch, jede Temperatur zwischen 5 und 18 °C wird akzeptiert
- Mögliche Räume: Kühler Wintergarten, leicht beheizte Garage, Treppenhaus
- In dieser für ihn sehr dunklen Umgebung sollte der Olivenbaum möglichst wenig Zeit verbringen müssen
- Also erst nach drinnen stellen, wenn die Temperaturen auf dem Balkon bis auf durchschnittlich 5 °C gesunken sind
- Und wieder ins Freie stellen, sobald entsprechende Durchschnittstemperaturen im Frühjahr erreicht werden
- Im Winterquartier braucht die immergrüne Olive gelegentlich ein wenig Wasser, gedüngt wird sie nicht
- Nur so viel Wasser, dass die Wurzel nicht austrocknet, je dunkler und kälter die Pflanze steht, desto weniger
- Achten Sie auf regelmäßigen Luftaustausch im Winterquartier, das beugt Pilzbefall vor
- Wenn die Olive im Frühjahr nach draußen gewandert ist, wird sie nach und nach etwas reichlicher gegossen
- Sobald sie mit dem Austrieb startet, bekommt sie auch wieder Dünger
- Direkte Sonne sollte das Olivenbäumchen anfangs nur wenig bekommen, es muss langsam daran gewöhnt werden
- Erwachsene Olivenbäume werden am besten auf dem Balkon überwintert werden, mit angemessenem Winterschutz
Wenn Sie ein junges Olivenbäumchen haben, aber keinen passenden Raum zum Überwintern, sollten Sie überlegen, ob Sie sich für seine ersten Jahre einen Überwinterungsservice leisten.
Die Alternativen sind alle keine super Szenarien für Olivenbäumchen: Sie haben dann nur die Wahl, den Olivenbaum in einem warmen Innenraum unter Bestrahlung mit künstlichem Pflanzenlicht das ganze Jahr bei normalen Wasser- und Düngergaben durch zu kultivieren, die fehlenden Ruhepausen könnten die Lebensdauer eines Olivenbäumchens aber schon merklich verkürzen. Oder Sie überwintern das Olivenbäumchen im Dunkeln, im kühlen Keller, bei minimaler Versorgung. Was wahrscheinlich zur Folge hat, dass er sämtliche Blätter abwirft, jeden Frühling komplett neu starten kostet auch sehr viel Kraft.
Die dritte Möglichkeit, “warm und dunkel überwintern”, soll hier nur zur Warnung erwähnt werden: Dauernde Austriebssignale durch Wärme, aber kein Licht für die Photosynthese sind eine Art Oliven-Folter, der das Olivenbäumchen wahrscheinlich nicht sehr lange standhalten wird. Wenn doch (Oliven sollen echte Überlebenskünstler sein), haben Sie im Frühjahr eine Pflanze mit vielen langen, schwachen, dünnen Geiltrieben vor sich, mit denen Ihr Olivenbäumchen nach Licht gesucht hat, meist garniert mit Schädlingen, die die Schwäche der Pflanze genutzt haben.
Pflege im Kübel
Pflanzen in Kübeln brauchen nichts anderes als Pflanzen im Boden, bloß ist es im Kübel sehr viel schwieriger, ihnen das zukommen zu lassen. In Böden wandern laufend neue Minerale an die Oberfläche, Nährstoffe werden laufend durch Bodenlebewesen zersetzt und dadurch pflanzenverfügbar gemacht, Wasser kann zur Not mit der letzten Wurzelspitze aus der Tiefe geholt werden; und es gibt ein Vielfaches mehr Licht als im Innenraum, um all das mit einer prächtigen Photosynthese-Rate zu nutzen
Die Besonderheiten bei der Pflege eines Olivenbäumchens (und jeder anderen Pflanze) im Kübel ist, das all diese Substanzen von Ihnen zugeführt werden müssen, allerdings auf einen Bruchteil des im Freien verfügbaren Erdraum verteilt. Kaum Ausgleichsfläche, die zugeführte Mischung muss sehr gut stimmen, damit die Pflanze einigermaßen zurecht kommt, unter Lichtmangel leidet sie sowieso.
Die Pflege von Topfpflanzen braucht deshalb sehr viel Sorgfalt und sehr viel Gespür. Noch mehr Sorgfalt und noch mehr Gespür, wenn Sie es mit einem unter prekären Bedingungen gezogenen Turbogewächs zu tun haben. Solche Olivenbäumchen legen oft kurz nach dem Kauf einen Wachstumsstopp ein, bis sich die Pflege ein tariert hat. Diesen Wachstumsstopp nutzt die Olive aber auch oft, um eine anständige Wurzelbildung nachzuholen, also im Grunde ein gutes Zeichen.
Eine weitere Besonderheit der Olivenbäumchen-Hochstämme ist die Unfähigkeit dieser Pflanzen, draußen im Garten zu überleben. Auch sehr alte Hochstämme können gewöhnlich niemals ausgepflanzt werden, weil ihr Stamm nie den Durchmesser erreichen kann, der dazu nötig wäre – das Wachstum des Hochstamms spielt sich in der veredelten Krone ab, der Stamm muss ja ständig beschnitten werden. Es sei denn, Sie lassen die Unterlage auswachsen, aber dann ist nicht sicher, ob es sich um eine bei uns frostharte Sorte handelt.