Nur wenig Zeit? Dann lies unsere Tipps für Schnellleser.
Bis vor einigen Jahren geriet die Kultivierung von Orchideen als Seiltanz zwischen Traum und Alptraum. Es war einzig fachkundigen Spezialisten vorbehalten, sich an den atemberaubenden Blütenschönheiten der Regenwälder auf der heimischen Fensterbank zu erfreuen. Dank moderner Züchtungen steht heute auch für Einsteiger in die Hobbygärtnerei das Tor in die faszinierende Orchideen-Welt sperrangelweit offen. Vertiefen Sie sich hier in einen Überblick zur Orchideenpflege für Anfänger mit allen relevanten Aspekten für den erfolgreichen Start. Diese 30 Expertentipps bringen Licht ins Dunkel.
Steckbrief
- Botanische Ordnung: Spargelartige (Asparagales)
- Pflanzenfamilie: Orchideen (Orchidaceae)
- Weltweit mehr als 1.000 Gattungen, davon 250 in Europa mit Tausenden von Arten
- Ausdauernde, krautige Blütenpflanzen
- Mannigfaltige Blattformen, häufig an Bulben (Verdickung an der Sprossache)
- Wuchsformen: epiphytisch (Aufsitzer) oder lithophytisch (auf Felsen), seltener terrestrisch (auf der Erde)
- Blüten mit 3 Sepalen (Kelchblätter), 2 Petalen (Kronblätter), 1 Labellum (Lippe) sowie 1 Säule
- Blütenstände trauben- oder rispenförmig, end- oder seitenständig
- Kapselfrüchte mit unzähligen, sehr feinen Samen
Von Natur aus ist eine Orchidee angelegt für ein sehr langes Pflanzenleben. Aufgrund ihrer besonderen Wuchsformen, könnten die Blumen theoretisch ewig leben, da sie sich mehrheitlich durch unablässigen Zuwachs des Sprosses oder durch Neutriebe verjüngen. Wenngleich es an fundierten Daten hinsichtlich des möglichen Alters mangelt, können Sie bei fachgerechter Pflege von einer langjährigen Lebenserwartung Ihrer Orchideen ausgehen.
Substrat mit Rindenstücken
Im ewigen Dämmerlicht der Regenwälder gedeihen Orchideen in den Kronen der Urwaldriesen, um dort an das lebensnotwendige Sonnenlicht für die Photosynthese zu gelangen. Hierzu klammern sie sich an den Ästen fest, während die Luftwurzeln herabbaumeln, um Nährstoffe und Wasser einzufangen. Die Wahl eines adäquaten Substrats übernimmt somit eine Schlüsselfunktion in der Pflege ein. Aus diesen Komponenten ist die perfekte Orchideenerde zusammengesetzt:
- Feine bis grobe Rindenstücke, wie Pinien- oder Kiefernrinde
- Organische Zutaten, wie Buchenlaub, Torfmull, Sägespäne, Kokosfasern oder Sphagnum
- Anorganische Bestandteile, wie Blähton, Zeolith, Lavalit, Perlite oder Seramis
Mit einem Mischungsverhältnis von 50-60 Prozent Rindenstücke und jeweils 30 Prozent organische und anorganische Anteile liegen Sie für den Start in die Pflege richtig. Fügen Sie noch ein oder zwei Stückchen Holzkohle hinzu, um Fäulnis und Krankheiten vorzubeugen. Im Laufe der Zeit werden Sie Ihre ganz private Idealmischung entwickeln.
Transparenter Topf
Die große Mehrheit unserer liebsten Orchideen-Arten und Sorten für Debütanten gedeiht als Aufsitzerpflanze. Die populäre Phalaenopsis gehört ebenso dazu, wie die bezaubernde Vanda. Um sich mit Nährstoffen und Wasser zu versorgen, verfügen die Pflanzen über Luftwurzeln. Das darin enthaltene Chlorophyll leistet einen wichtigen Beitrag zur Photosynthese. Dieser Aufgabe werden die Wurzelstränge indes nur gerecht unter Lichteinfluss. Verwenden Sie daher im Rahmen Ihrer fachgerechten Orchideenpflege transparente Töpfe oder das innovative Orchitop mit lichtdurchlässigen Stäbchen-Wänden.
Gießen
Häufigster Auslöser für ein vorzeitiges Ende ist Fäulnis. Segnet eine Orchidee das Zeitliche, wurde sie in der Regel totgegossen. Wenngleich die Pflanze dem feuchten Klima der Regenwälder entstammt, sollte sie zurückhaltend gegossen werden. So machen Sie es richtig:
- Im Sommer 2 Mal pro Woche gießen, im Winter 1 Mal
- Den Topf hochheben, um bei geringem Gewicht zu gießen
- Wenn gegossen wird, dann durchdringend, bis das Wasser in den Untersetzer läuft
- Den Topfuntersetzer spätestens nach 10 Minuten ausgießen, um Staunässe vorzubeugen
- Orchideen ausschließlich mit kalkfreiem Wasser gießen
- Auf Blätter und Blüten keine Wassertropfen fallen lassen
Gesammeltes und gefiltertes Regenwasser ist perfekt geeignete, um Orchideen fachgerecht zu pflegen. Wo keine Regentonne zur Verfügung steht, fungiert entkalktes, abgestandenes Leitungswasser als sinnvolle Alternative.
Düngen
In der Nährstoffzufuhr halten Sie bitte den Ball ebenso flach, wie bei der Wasserversorgung. In ihrem natürlichen Habitat entnimmt die Orchidee ihre Nahrung den Regentropfen. Somit liegt es auf der Hand, dass sich die Königin der Blumen wie ein Bettler ernährt. Schenken Sie daher den folgenden Hinweisen Ihre Aufmerksamkeit:
- Im Verlauf von Wachstum und Blütezeit alle 2-4 Wochen düngen
- Speziellen, salzarmen Orchideen-Dünger verwenden
- Vorher und nachher mit klarem Wasser gießen
Geben Sie keinen Dünger an eine Orchidee, die sich gerade in der Wachstumsruhe befindet. Über diesen Weg lässt sich die Pflanze nicht zu einer Blüte motivieren. Im Gegenteil kumulieren die nicht genutzten Düngesalze im Substrat, was zu Verbrennungen an den Wurzeln führt, mit fatalen Folgen für die Vitalität und Gesundheit.
Standort
In Puncto Licht- und Temperaturverhältnisse zeichnet moderne Orchideen-Hybriden ein hohes Maß an Flexibilität aus. Um Ihren floralen Mitbewohnern ein perfektes Zuhause zu bieten, sollte der Standort so beschaffen sein:
- Helle bis halbschattige Lage auf der West- oder Ostfensterbank
- Am Südfenster mit Schutz vor praller Mittagssonne
- Keine unmittelbare Nähe zu einer Heizquelle
- Hohe Luftfeuchtigkeit von mehr als 60 Prozent
- Temperaturen am Tag 19-25 Grad, bei Nacht 16-18 Grad
Die erforderliche Luftfeuchtigkeit ist in deutschen Wohnzimmern keine Selbstverständlichkeit. Es erfordert indes keine umfangreichen Aufwendungen, um das erwünschte Niveau zu erzeugen. Stellen Sie einige wassergefüllte Schalen auf die Heizkörper, dekorieren den Raum mit einem Zimmerspringbrunnen oder investieren in einen handelsüblichen Luftbefeuchter. Füllen Sie die Untersetzter Ihrer Orchideen mit Kieselsteinen und Wasser. Indem das Wasser verdunstet, bestreicht es als feiner Nebel die Blätter und Blüten.
Ruhephase
Mitunter nimmt sich Ihre Orchidee eine Auszeit. Den Wunsch danach signalisieren abfallende Blüten und vergilbte Blätter. Respektieren Sie den Wunsch der floralen Aristokratin im Rahmen folgender Maßnahmen:
- Blätter erst dann abzupfen, wenn sie vollkommen eingezogen sind
- Ruhende Orchideen kühler und dennoch hell platzieren
- Reduziert gießen und nicht düngen
Das Ende der Ruhepause folgt keinem fest zementierten Terminplan. Hat die Orchidee frische Kräfte gesammelt, treibt sie wieder aus. Dies ist für den Gärtner das Signal, dass die Pflanze ihren angestammten Platz mit wärmeren Temperaturen wieder einnehmen möchte.
Schneiden
Dieser Aspekt der Orchideen-Pflege bereitet Anfängern reichlich Kopfzerbrechen, denn den typischen Form- und Erhaltungsschnitt klassischer Stauden erhalten die tropischen Pflanzen nicht. Dennoch ist ein Schnitt mitunter unumgänglich, um die Vitalität und Blütenpracht zu bewahren. Darauf sollten Sie achten:
- Geschnitten werden einzig verwelkte oder verdorrte Pflanzenteile
- Ausgediente Bulben, vertrocknete Luftwurzeln und vergilbte Blätter abschneiden
- Bester Zeitpunkt ist während einer Wachstumspause oder im zeitigen Frühjahr
- Mit frisch geschärftem, penibel desinfizierten Werkzeug arbeiten
Aus Bulben ist jegliches Leben gewichen, wenn sie keine Blätter oder Blütenstiele mehr hervorbringen. An Luftwurzeln ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, ob sie noch zur Versorgung einer Orchidee beitragen. Im Zweifel schneiden Sie ein kleines Stück des Strangs ab. Befindet sich darunter cremeweißes Gewebe, wird nicht geschnitten. Abgestorbene Luftwurzeln sind im Inneren braun verfärbt. Schneiden Sie vergilbtes Laub idealerweise nicht ab. Hat die Blume alle darin enthaltenen Nährstoffe vollkommen assimiliert, gibt sie das Blatt von alleine frei, indem es zu Boden fällt. Andernfalls bildet sich am Blattstiel eine Sollbruchstelle, die auf leichten Zug mit den Finger nachgibt.
Umtopfen
Ehe das erste Umtopfen auf den Pflegeplan kommt, haben Sie als Anfänger bereits einen Erfahrungsschatz in der Orchideen-Pflege gesammelt. In der Regel wechselt die Pflanze nach 2 bis 3 Jahren in einen größeren Topf mit frischem Substrat. Zu dieser Zeit wachsen bisweilen bereits naseweise Wurzelstränge aus der Bodenöffnung heraus und die Rindenstücke des Substrats zersetzen sich allmählich. Am Ende der Blütezeit oder im zeitigen Frühjahr ist der beste Termin.
Gießen Sie die Pflanze 2 Tage zuvor durchdringend und verabreichen eine wohl bemessene Dosis Flüssigdünger. Nachdem Sie das Wurzelgeflecht aus dem bisherigen Gefäß herausgezogen haben, wird das ausgediente Substrat entfernt. Eine Drainage aus Blähton beugt über der Bodenöffnung stauender Nässe wirksam vor. Bevor Sie die Orchidee in frische Erde einsetzen, schneiden Sie bitte alle verdorrten, braunen Luftwurzeln ab. Mit einer Drehbewegung der Hand lässt sich die Orchidee im Topf sehr gut wieder positionieren. In der ersten Woche nach einem Umtopfen gießen Sie die Blume nicht. Gedüngt wird nach 4 Wochen in verdünnter Konzentration.
Häufig gestellte Fragen
Kann ich auch meine blühenden Orchideen umtopfen?
Umtopfen setzt eine Orchidee extremen Stressbelastungen aus. Wird ihr diese Prozedur inmitten der Blütezeit zugemutet, reagiert die Pflanze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf mit dem Abwurf von Knospen und Blüten. Daher empfehlen wir, den Wechsel in einen neuen Topf wahlweise am Ende der Blütezeit oder im zeitigen Frühjahr in Angriff zu nehmen.
Wie können meine Orchideen überleben, wenn ich in Urlaub fahre?
Steht keine Urlaubsvertretung zur Verfügung, die sich mit Orchideen auskennt, treffen Sie diese Vorkehrungen: Kurz vor der Abreise tauchen Sie den Topf in weiches Wasser, bis keine Luftblasen mehr aufsteigen. Mit Wasser durchtränkte Luftwurzeln kommen 2-3 Wochen ohne weiteres Gießen gut über die Runden. Aus Gründen der Vorsicht, hängen Sie noch ein Schild an den Topf ‘Bitte nicht gießen’, denn ein Übermaß an Feuchtigkeit könnte jetzt Fäulnis auslösen. Von Trockenheit erholt sich eine Orchidee sehr viel besser, als von Staunässe.
Welche Orchideen sind für Anfänger geeignet?
Die Anfänger-Orchidee per se gibt es nicht. Es sind die individuellen Rahmenbedingungen in Ihrem Heim, die bei der Wahl der ersten Orchidee den Ausschlag geben. Grundsätzlich sind Hybriden pflegeleichter, als die sensiblen Naturformen. Für das warme Wohnzimmer haben sich hier die wunderschönen Sorten der Schmetterlings-Orchidee (Phalaenopsis) hervorgetan. Darüber hinaus verlangen die malerischen Cattleya-Orchideen dem Newcomer in der Pflege nur wenig ab und gedeihen selbst am sonnigen Südfenster gut.