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Weinreben benötigen einen Schnitt, unabhängig davon, ob sie im Weinberg, an der Hauswand oder im Kübel kultiviert werden. Was zahlreiche Hobbywinzer für eine botanische Wissenschaft halten, ist im Grunde völlig unkompliziert, denn Weinreben verzeihen Schnittfehler im Handumdrehen. Lediglich zwei Versäumnisse beim Rebschnitt sollten vermieden werden: Die Trennung der Weinreben von der Wurzel und ein zu dürftiger Schnitt.
Alles andere ergibt sich im Laufe der Jahre, wenn sich das Verhältnis zwischen Wachstum und Fruchtbarkeit stetig ausgewogener entwickelt. Die folgende Anleitung zum Weinreben schneiden möchte einen transparenten Beitrag dazu leisten.
In den typischen Weinbaugebieten Deutschlands, wie Mosel, Ahr, Baden oder Franken, die durch das Weingesetz geschützt sind, werden Weinreben ausschließlich angebaut mit dem Ziel einer reichhaltigen Traubenernte. Hobbygärtner in anderen Regionen pflanzen Weinreben zumeist aufgrund ihres hohen Zierwertes an. Kommen dann noch leckere Trauben dabei heraus, ist die Freude groß. Aus welchem Grund auch immer die Obstgehölze angebaut werden, ohne einen gezielten Rebschnitt leiden auf Dauer Optik und Ertrag.
Stockaufbau
In den ersten Jahren nach der Pflanzung ist das wichtigste Ziel, einen Stock aufzubauen, als Basis für den Bewuchs eines Spaliers oder eines anderen Klettergerüstes. Daher wird diese Lebensphase auch als Erziehung bezeichnet. Der Hobbywinzer sollte zu dieser Zeit bereits eine Entscheidung darüber getroffen haben, welches optische Erscheinungsbild die Weinreben ergeben sollen, denn die Grundform wird nun festgelegt.
- Die Stammhöhe beträgt idealerweise zwischen 50 cm und 300 cm.
- Im Pflanzjahr nur einen Trieb hochziehen.
- Sämtliche Seitentriebe, die aus den Blattachseln wachsen, ausgeizen.
- Geize sogleich und ohne Verzögerung ausbrechen.
Der in den Folgejahren so wichtige Winterschnitt wird im Pflanzjahr noch nicht so hoch bewertet. Der Grund für dieses Argument liegt darin, dass Ausgeizen im grünen Zustand im Resultat einen wundfreien Stamm ergibt. Ab dem 2. Jahr ist dann die Kreativität des Hobbygärtners gefragt hinsichtlich der Erziehung der Weinreben zu einem kräftigen, aber spartanischen Stammgerüst. Vom Kleinspalier über die Pergola bis hin zum vollständigen Wandbewuchs sind der Gestaltung kaum Grenzen gesetzt.
Winterschnitt
Ist die Phase des Stockaufbaus abgeschlossen, beschränkt sich die Hauptkomponente der Pflege auf den Rebschnitt, der im Wesentlichen im Winter, vorzugsweise im Februar/März durchgeführt wird. Diese zeitliche Eingrenzung hat zwei Gründe: Da das Laub sich noch nicht gebildet hat, ist die Grundform besser zu erkennen. Darüber hinaus hat der Weinstock seine Blütenknospen bereits im Vorjahr angelegt. Durch den Rebschnitt kontrolliert der Winzer die Anzahl der Knospen und Blüten, die der Weinstock zu versorgen hat und bestimmt demgemäß welche Kraftreserven dem Obstgehölz für das diesjährige Wachstum zur Verfügung stehen.
- Spätestens Ende Februar/Anfang März schneiden, bevor der Saft in die Triebe steigt.
- Ein späterer Rebschnitt birgt die Gefahr des ‘Ausblutens’ der Triebe.
- Lange, dünne Vorjahrestriebe bis auf 4-6 Knospen einkürzen.
- Bleistiftdicke Fruchthölzer bleiben stehen mit 10 bis 20 Augen pro qm.
- Pro Quadratmeter des Rebstocks verbleiben ca. 5 Fruchthölzer am Stamm.
- Sollten sich wilde Triebe am Stamm zeigen, werden sie abgeschnitten.
Der Winterschnitt ist beendet, wenn mit dem einjährigen Holz etwa 90 % der vorhandenen Knospen entfernt sind. Wer hier zu zaghaft zu Werke geht, beraubt seinen Weinstock der Vitalität, die er für das kommende Wachstum benötigt. Natürlich spricht nichts dagegen, noch weitere kosmetische Schnitte vorzunehmen, abhängig von der gewünschten Form.
Ausbrechen im Frühjahr
Damit der Weinstock optimal gedeiht, ist es von großer Bedeutung, dass genügend Licht, Luft und Wärme auf die Ranken einwirken können. Stehen Triebe und Blätter zu dicht, ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Daher erfolgt im Mai das Ausbrechen.
- Für den Stockaufbau nicht benötigte Wasserschosse entfernen.
- Kümmertriebe ohne Blütenansätze beseitigen.
- Entspringen einer Knospe mehrere Triebe, verbleibt nur der stärkste.
Idealerweise erfolgt das Ausbrechen, wenn die Neutriebe zwischen 10 cm und 30 cm lang sind. Es ist also nicht zwingend erforderlich, diese Maßnahme im Mai durchzuführen, wenn der Hobbygärtner sowieso nicht weiß, wo er angesichts des hohen Arbeitsaufkommens zuerst beginnen soll. Daher kann das Ausbrechen im Sommer nachgeholt werden. Die Ranken werden nicht abgeschnitten, sondern von der Basis her ausgerissen. Die entstehende Wunde wird im Laufe des Sommers von selbst heilen.
Entspitzen
Nach dem Winterschnitt und dem Ausbrechen, erfolgt vor dem Sommerschnitt das Entspitzen im Juni. Diese Maßnahme ist jedoch nur bei starkwüchsigen Reben erforderlich, die insbesondere in den ersten Jahren dazu neigen, sehr lange Triebe zu entwickeln. Der rispenartige Blütenstand – von den Fachleuten als Geschein bezeichnet – ist zu diesem Zeitpunkt schon voll entwickelt. Bevor die Blüten sich entfalten, sollte das Entspitzen spätestens durchgeführt werden.
- Werkzeug ist für diese Arbeit nicht erforderlich.
- Die Triebspitze zwischen Daumen und Zeigefinger klemmen und abknipsen.
- Das Ergebnis ist eine Saftstauung, in deren Folge sich die Blüte besser entwickelt.
- Das Resultat sind üppigere Blüten und beste Aussichten auf schöne Trauben.
Durch das Entspitzen wird eine lichtdurchflutete Blattmasse gefördert, was dem gesunden undnkräftigen Wachstum der Weinreben zuträglich ist.
Sommerschnitt
Im Idealfall beschränkt sich der Rebschnitt im Sommer auf die eigentliche Traubenernte, sofern sich Früchte gebildet haben. Trotzdem entscheidet sich der Hobbywinzer mitunter dazu, zusätzlich zum Hauptschnitt im Winter, zum Ausbrechen im Frühling und Entspitzen vor der Blüte, noch einen Sommerschnitt vorzunehmen. Einerseits fällt die Entscheidung aufgrund ästhetischer Perspektiven oder die immer länger und stärker wachsenden Ranken drohen sich zu Konkurrenztrieben des Hauptstamms zu entwickeln.
- Alle Ruten entfernen, die keine Trauben tragen.
- Tragende Ruten so einkürzen, dass nur ein Traube und maximal 4 Blätter verbleiben.
- Die verbliebenen Trauben erhalten mehr Sonne, bilden mehr Zucker und gedeihen üppiger.
- Zudem alle überhängenden, zu lang gewachsenen Ruten schneiden.
- Die Traubenzone entlauben, indem die Blätter, die Trauben verdecken, entfernt werden.
- Entlauben auf mehrere Schritte innerhalb von 2 Wochen verteilen, um Sonnenbrand vorzubeugen.
Solange sich die Weinrebe in den ersten 3 Jahren noch im Aufbau befindet, wird kein Sommerschnitt durchgeführt. Je mehr Grünmasse sich am Stock bildet, desto kräftiger wird seine Konstitution. Erst ab dem 4. Jahr greift der Hobbygärtner zur Schere, wenn er einen Sommerschnitt für erforderlich erachtet
Heften
Nicht immer kann sich der Hobbywinzer dazu durchringen, die lang gewachsenen Triebe zu kappen, insbesondere dann, wenn die Weinreben kultiviert werden, um eine dichte, buschige Zierde zu kreieren mit einer farbenprächtigen Laubfärbung im Herbst. In diesem Fall sollte das Heften der Ruten in Erwägung gezogen werden. Wenn sie einfach nicht ins Rankgerüst hineinwachsen wollen und keinen Halt finden, greift der Hobbygärtner unterstützend ein. Entweder werden die Ruten in das Rankgerüst eingesteckt oder mithilfe von Wingertsdraht am Stamm nicht zu fest angeheftet. Dabei darf hingegen nicht außer Acht gelassen werden, dass die Weinrebe trotz alledem nicht zu dichtblättrig wird, weil auf diese Weise die Anfälligkeit für Pilzkrankheiten erhöht wird.
Auslichten
Respektive des Entwicklungsstadiums und des Alters der Weinrebe, kann bereits die einmalige Unterlassung des Winterschnitts dazu führen, dass sie verwahrlost. Versäumt der Hobbygärtner diese essenzielle Schnittmaßnahme gleich mehrere Jahre hintereinander, sind die Folgen für die Gesundheit der Rebe und für die Optik fatal. Bevor eine komplette Rodung in Betracht gezogen wird, könnte ein Auslichten das für seine Flexibilität bekannte Obstgehölz noch retten.
- Die dicken Stamm-Arme entweder einkürzen oder komplett abschneiden.
- Von den dünneren Seitentrieben die meisten entfernen.
- Nur gut verholzte Ruten des Vorjahres im Abstand von ca. 50 cm am Stamm belassen.
- In diesem Fall bleiben auch die vorjährigen Wasserschosse stehen.
- Die Ranken im unteren Bereich werden stärker eingekürzt, als die oberen Triebe.
Da sich die ursprüngliche Erziehungsform in diesem Fall sowieso verabschiedet hat, plädieren die Experten im Fall der Auslichtung für die Freie Fächerform. Dabei werden neue Triebe – sofern sie mehr als 4 Knospen aufweisen und nicht brechen – waagerecht am Rankgerüst befestigt, als Startschuss für einen gleichmäßigen Austrieb im nächsten Jahr. Wie dann weiter verfahren wird, obliegt den Ambitionen und dem Ehrgeiz des Hobbygärtners.
Zapfenschnitt
Selbst der Anfänger unter den Hobbywinzern wird anhand dieser Anleitung erkannt haben, dass ein Rebschnitt keine jahrelange wissenschaftliche Vorbildung und Erfahrung erfordert. Allerdings wird spätestens jetzt die Frage aufkommen, wie denn der richtige Schnitt an der Weinrebe auszuführen ist. Grundvoraussetzung ist frisch geschärftes, desinfiziertes Schneidwerkzeug.
- Erst dann schneiden, wenn die Weinrebe angewachsen und erzogen wurde.
- Am Spalier und ähnlichem Klettergerüst den Zapfenschnitt bevorzugen.
- Dabei verbleiben maximal 1 bis 2 sichtbare Knospen am der Rute.
- Der ideale Zapfen befindet sich am einjährigen Trieb ca. 2 cm über dem untersten Auge.
Aus den verbliebenen Augen werden wiederum Fruchttriebe entwachsen mit 2 bis 3 Trauben, sodass die Weinrebe zu keiner Zeit ausgelaugt wird. Erfahrene Hobbywinzer lassen zwischen den Zapfen ca. 20 cm Abstand auf den Spalieretagen, um von vorneherein einer zu dichten Belaubung vorzubeugen. Der richtige Zapfenschnitt wird im Laufe der Jahre dem Hobbygärtner in Fleisch und Blut übergehen, wobei kleine Versäumnisse in den ersten Jahren durch die extreme Wüchsigkeit der Weinreben locker wieder ausgeglichen werden. Als Faustregel gilt: Lieber zu Beginn den einen oder anderen Fauxpas hinnehmen, daraus lernen und beim nächsten Mal einen besseren Rebschnitt durchführen.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Unterschied zwischen einer Rute und einem Zapfen?
Bei einer Rute handelt es sich um einen Trieb der Weinrebe, der bis auf 8 bis 12 Augen bzw. Knospen zurück geschnitten wurde. Ein Zapfen ist sehr viel kürzer und weist lediglich noch 1 bis 2 Augen nach dem Schnitt auf.
Welche Bedeutung hat der Stamm für die Weinrebe und wie pflege ich ihn am besten?
Der Hauptstamm ist mit seinen dicken Armen zuständig für die Versorgung der Blätter und Trauben mit Wasser und Nährstoffen. Wilde Triebe, auch Wasserschosse genannt, die vor allem im Frühjahr dem Stamm entsprießen, müssen abschnitten werden, weil sie ihm die Kraft rauben. Lediglich im Rahmen einer Verjüngung des Weinstocks verbleiben sie am Stamm. Andernfalls können sie auch während des Sommers abgerissen werden.
Was bedeutet ‘Bluten’ beim Rebschnitt und was muss ich dagegen unternehmen?
Wenn Sie nicht in einer der milden Weinbauregionen Deutschlands leben, erfolgt der Winterschnitt frühestens Ende Februar. Zu dieser Zeit stehen die meisten Weinreben bereits mehr oder weniger im Saft. Das bedeutet, dass sie bereits begonnen haben, Wasser und Nährstoffe aus dem Boden in die Triebe zu transportieren. Wenn Sie jetzt schneiden, tritt das Wasser aus der Schnittstelle aus, was bis zu 2 Wochen andauern kann. Das ist im Grunde nicht dramatisch für die Weinrebe; kann allerdings dazu führen, dass die darunter liegenden Knospen geradezu ersäuft werden. Wenn Sie den Schnitt leicht schräg ausführen, minimieren Sie diese Gefahr deutlich.