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Mögen Sie süße Kirschen? Dann bauen Sie sich doch einfach Ihre eigenen Süßkirschen an! Mit einer Säulenkirsche kann jeder kleine Hausgarten, ja selbst ein Balkon, zur Obstplantage werden, und der Platz reicht auch noch für die Blumen. Apropos Blumen: Blüten haben die Säulenkirschen natürlich auch zu bieten, jeden Frühling, in Mengen und in Weiß und Rosa, es lohnt sich also auch in dieser Hinsicht, die eigenen Kirschen anzubauen. Nachfolgend werden Ihnen verschiedene Sorten der Säulenkirschen vorgestellt, und Sie erhalten Tipps zum Schneiden und zur Pflege.
Was ist eine Säulenkirsche?
Keine neumodische Züchtung, sondern alte Tradition: Der in Frankreich im 17. Jahrhundert seinen Ausgang nehmende Formobstbau brachte vor allem im 19. Jahrhundert immer kunstvollere Baumformen hervor, darunter auch schmale wie den senkrechten Schnurbaum und die Spindel.
In dieser Tradition haben Züchter verschiedene Sorten von Säulenobstbäumen gezogen, die zu besonders kompaktem, schmalen Wuchs “überredet” wurden. Voraussetzung für die Zucht sind Gehölze mit entsprechender natürlicher Wuchsform. Diese Bäume mit stark ausgeprägter Mittelachse und schwächerer Seitentriebbildung werden dann weiter auf schmalen Wuchs selektiert, bis Kirschbäume entstehen, die unmittelbar am Stamm Blüten und Früchte entwickeln. Säulenobst entsteht also nicht etwa durch Genmanipulation, sondern durch normale herkömmliche Züchtungsarbeit.
Arten und Sorten
Der Kirschbaum, Prunus avium, ist einer der Bäume und Sträucher, die zur mehr als 200 Arten umfassenden Gattung Prunus aus der Familie der Rosengewächse gehören. Die Säulenkirsche ist auch eine Prunus avium, bloß eben eine, die auf besonders schmalen Wuchs gezogen wurde. Ihre Zucht folgt damit einer Idee, die 1955 bei Obstbauer Wajcik in Kanada mit einem Apfelbaum begann und schließlich auch die Kirschbäume erreichte, auch heute noch stammen viele Säulenkirschen aus dem kanadischen Züchtungsprogramm, hier die bekanntesten Sorten:
1. Selbstfruchtende Sorten
Die selbstfruchtenden oder selbstbefruchtenden Sorten können als Einzelbäume kultiviert werden, weil sie keine anderen Kirschbäume als Befruchter in der Nähe brauchen.
Diese Sorten werden angeboten:
- Säulenkirsche ‘Campanilo’: Steil aufrecht bis zu 2,5 m hoch wachsende Kirsche mit sehr großer, dunkelrot-schwarzer Frucht mit festem süßem Fruchtfleisch, reift ab der 5. Kirschwoche
- Säulen-Sauerkirsche (Prunus cerasus) ‘Campanilo’: Mittelstarker, aufrechter Wuchs, Endhöhe rund 2,5 m, große süß-saure, schwarz-rote Kirschen, Reife ab 6. Kirschwoche
- Säulenkirsche ‘Claudia’: Aufrechter, säulenartig schlanker Wuchs bis zu einer Endhöhe um 2 m, Büschel von großen, knackigen, bräunlich-roten Kirschen, reif ab 3. Kirschwoche
- Säulen-Sauerkirsche (Prunus cerasus) ‘Jachim’: Eine ganz neue Züchtung aus dem Julius Kühn Institut Dresden Pillnitz, die erst Ende 2013 ihre Sortenzulassung bekam. Echter Säulenwuchs, dunkelrote Früchte mit mittelfestem Fruchtfleisch, Reife ab 6. Kirschwoche
- Säulenkirsche ‘Sara’: Wird um 2 m hoch, große aromatische Kirschen mit kastanienbrauner Farbe, reift um die 5. Kirschwoche
- Säulenkirsche ‘Stella’: Sehr robuste und gut tragende Sorte, süße Kirschen mit gutem Aroma, Ernte ab Ende 6. Kirschwoche
- Säulenkirsche ‘Victoria’: Kanadische Zucht, Maximalhöhe 3 m, blüht schon ab dem 2. Lebensjahr, große, wohlschmeckende und sehr saftige Früchte, Ernte ab 6. Kirschwoche
2. Fremdbefruchtung gewünscht
Die “normale” Kirsche möchte mit fremdem Pollen bestäubt werden, um neue Gene und damit die Chance einer evolutionären Entwicklung ihrer Nachkommen zu erhalten, und einige Sorten Säulenkirschen verhalten sich in dieser Hinsicht durchaus wie normale Kirschen:
- Säulenkirsche ‘Fruttini Garden Bing’: Trägt schon im 3. Jahr die ersten Kirschen, wächst langsam und sehr aufrecht, herzförmige, süße und aromatische Früchte ab der 4. Kirschwoche
- Säulenkirsche ‘Helene’: Eine der Sorten, die mit ähnlich knapper Beschreibung (bedarf keines Schnittes, für kleinere Gärten, Balkon und Terrasse, neue Art des Obstgehölzes, Standort Sonne – Halbschatten) im Versandhandel auftauchen, als Befruchter wird ‘Sylvia’ angegeben, ansonsten ist über die Herkunft nicht viel zu erfahren
- Säulenkirsche ‘Siberia’: s. o. Helene, die auch als Befruchter geeignet sein soll
- Säulenkirsche ‘Sylvia’: Kanadische Zucht, große, dunkelrote Kirschen, festes Fruchtfleisch, erste Ernte ab dem 3. Jahr ab der 5. Kirschwoche, als Befruchter können viele normale Kirschsorten und die Säulenkirschen ‘Claudia’ und ‘Sara’ dienen.
3. Gar keine Frucht
Im Handel werden Ihnen auch Säulenkirschen unterkommen, die überhaupt keine Früchte tragen, das sind Zuchtformen der Japanische Blütenkirsche Prunus serrulata:
- Schon sehr lange bekannt und beliebt ist die Japanische Säulenkirsche ‘Amanogawa’, die auch als Säulen-Nelkenkirsche bekannt ist. Sie wird 1 m breit und ca. 4 m hoch.
- Im Jahr 2014 neu herausgekommen ist die Prunus serrulata ’Sunset Boulevard’, eine durch zufällige Kreuzung entstandene Säulenkirsche, die bis in 8 m Höhe und immer schmal wächst.
Standort und Boden
Die Säulenkirsche möchte einen Standort und Boden wie jede Kirsche, hier gibt es wenig Besonderes zu beachten:
- Standort im Halbschatten oder in der vollen Sonne
- Je mehr Sonne eine fruchttragende Kirsche bekommt, desto aromatischer und süßer werden die Früchte
- Lockerer und humushaltiger Boden mit pH-Werten von schwach sauer bis schwach alkalisch
- Am liebsten mittelschwerer Boden, leichter Boden wird toleriert, feucht bis mäßig trocken
- Feucht heißt nicht Staunässe, nasse Füße mögen Kirschen nicht
- Vielfach hat ein falsches Verständnis von Moorbeetpflanzen zu sauren Böden in deutschen Gärten geführt
- Das sind keine guten Gartenböden mehr, und keine Böden für Kirschen, dann sollte aufgekalkt werden
Gießen und Düngen
Die Pflege der Säulenkirsche ist einfach:
- Reichlich Wasser im Sommer
- Auch im Winter gießen, wenn es frostfrei ist
- Staunässe vermeiden
- Düngen erst nach Austrieb beginnen
- Dünger mit ausgeglichenem Stickstoff-Phosphor-Verhältnis
- Letzte Düngung im August, damit die Neutriebe bis zum Frost noch ausreifen
Schneiden
Der erste Säulen-Obstbaum war der Säulenapfel, der sich so gut zu einer Säule züchten lässt, dass er vollkommen ohne Beschnitt schmal nach oben wächst. Aufgrund der starken Nachfrage nach einer so einfach und komfortabel zu kultivierenden Baumform, die in jeden kleinen Garten oder im Kübel auf Terrasse und Balkon passt, wurden bald auch Säulenbirnen und Säulenkirschen gezüchtet. Der Säulenapfel bleibt aber insofern das eigentliche Säulenobst, als er die einzige Pflanze ist, die vollkommen ohne Beschnitt zur Säule wächst. Weder Birnen noch Steinobst lassen sich durch Zucht überzeugen, ohne jeden Seitentrieb zur Säule emporzuwachsen, Säulenkirschen bleiben deshalb meist nur mit dem richtigen Beschnitt dauerhaft Säulenkirschen.
Dieser Beschnitt ist nicht kompliziert, hat jedoch je nach Sorte seine Besonderheiten, die Sie beachten müssten, wenn Ihre Säulenkirsche eine Säulenkirsche bleiben soll:
- Nur “echte Säulenkirschen” wachsen von alleine mit sehr wenig Verzweigung zur Säule
- In den ersten Jahren sollte hier die Mittelachse nicht angeschnitten werden, weil die Kirsche sonst doch zu verzweigen beginnt
- Mitunter bilden sich einzelne Seitenverzweigungen, die direkt an der Mitte weggeschnitten werden sollten
- Kirschen zeigen keinen so ausgeprägten Säulenwuchs wie Säulenäpfel, deshalb müssen Säulenkirschen fast immer geschnitten werden
- Je nach Sorte und Verzweigungstendenz werden die Säulenkirschen im Sommer nach der Ernte und im Winter zu Austriebsbeginn zurückgeschnitten
- Dann sollten alle Seitentriebe, die länger als 30 cm sind, auf 20 cm zurückgeschnitten werden
Je neuer die Zuchtsorte, desto länger konnte bereits auf säulenförmigen Wuchs selektiert werden, desto weniger häufig und kräftig werden Sie Hand (bzw. Schere) anlegen müssen. Bei den Zier-Säulenkirschen gilt das allerdings nicht, sie werden meist auf Grundlage einer Buschform gezogen.
Häufige Fragen
Meine Säulenkirsche gilt nicht als selbstfruchtend, hat aber trotz (noch) fehlender Befruchtersorte Früchte getragen – wie geht das?
Selbstbefruchtend, nicht fruchtend – vom Züchter aufgezwungene Merkmale, bei denen alles andere als sicher ist, dass die Pflanzen sich daran halten. Aus Kirschensicht sind das keine nützlichen Eigenschaften, sondern “keine Frucht” bedeutet schlichtweg “Ausrottung der Art”, und Selbstbefruchtung ist Inzucht, die bekannter Weise dazu führt, dass die Nachkommen irgendwann ein wenig Gaga werden – so sind die meisten Säulenkirschen Gott sei Dank auch keine echten Selbstbefruchter, sondern nehmen gerne die Pollen an, die Bienen von einer passenden Prunus-Sorte aus dem Umfeld vorbeibringen. Wenn Sie in einem so naturfernen Umfeld leben, dass wirklich nur Selbstbefruchtung möglich ist, werden Sie merken, dass auch Ihre Säulenkirsche “ein wenig Gaga” wird – die Fruchtbildung lässt dann ziemlich zu wünschen übrig, weshalb Experten raten, auch neben eine selbstfruchtbare Säulenkirsche eine andere Kirschsorte zu pflanzen.
Kann man Säulenkirschen im Kübel halten?
Viele Sorten der fruchttragenden Säulenkirschen sind gut für eine Kübelhaltung geeignet, z. B. Fruttini Garden Bing wird ausdrücklich für Kübelhaltung empfohlen. Der Kübel sollte mindestens 40 Liter Erde fassen, damit die Säulenkirsche gut gedeihen kann. Wenn Sie eine klein gezüchtete Sorte nicht noch zusätzlich klein halten wollen (müssen), gilt auch hier wie bei allen Pflanzen im Kübel: Je größer der Kübel, desto besser für die Pflanze. Der Kübel sollte im Winter in südlicher Ausrichtung an eine Hauswand gestellt werden und ein wenig Winterschutz bekommen.