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Viele Pflanzen in der Natur säen sich aus, wo es ihnen gerade passt. Ein Samenkorn fällt auf den Boden, schnell entsteht ein Sprössling und das, ohne jeden menschlichen Eingriff. All diejenigen Samen, die nicht auf fruchtbaren Boden fallen, bleiben erfolglos. Das ist auch schon der Grund, warum ein Gärtner, in seiner kleinen nachgestalteten Natur, alles für seine Saat tun wird. Jedes gesetzte Samenkorn, soll später auch Blüten und Früchte hervorbringen. Eine optimale, angepasste Aussaaterde, bzw. Anzuchterde, gibt den Jungpflanzen die besten Voraussetzungen mit auf den Weg.
Definition
Die Begriffe Aussaaterde oder Anzuchterde werden synonym verwendet. Es handelt sich um ein möglichst nährstoffarmes (nährstoffkontrolliertes), steriles und feinkrümeliges Substrat. Man kann diese Spezialerde im Gartenhandel kaufen oder auf selbst herstellen. Für Anzuchterde werden zum Teil recht unterschiedliche Materialien verwendet. Wer seine Aussaaterde selbst zusammenstellt, hat den Vorteil, dass er weiß, was wirklich drin ist. Zudem kann er, durch leichte Misch-Variationen und der Verwendung unterschiedlicher Materialien, auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Pflanzen eingehen. Doch warum nun spezielle Aussaaterde statt normaler Blumentopferde?
Die Aussaaterde ist möglichst nährstoffarm. Nur so fühlen sich die jungen Wurzeln bemüht, sich ordentlich zu strecken, um an Nahrung zu kommen. Dadurch entwickeln sich gesunde Jungpflanzen mit gut verzweigtem, kräftigem Wurzelwerk. Warum Anzuchterde durchlässig, locker und feinkrümelig sein sollte, liegt auf der Hand. Nur in solch einer Umgebung können sich die zarten Wurzeln ausbreiten. Nur so ist eine gleichmäßige Wasserversorgung, ohne Staunässe möglich. Die dritte Haupteigenschaft besteht darin, dass die Erde keimfrei ist.
Der Grund dafür liegt auf der Hand. Pilzsporen und mikroskopisch kleine Organismen sind unsichtbar, breiten sich schnell aus und können den Keim regelrecht im Keim ersticken. Bei Anzuchterde kann man auch recht sicher sein, dass keine unerwünschten Samen von lästigen Wildkräutern und -pflanzen heransprießen, mit denen der Keimling konkurrieren muss. Nachdem nun eindeutig geklärt ist, dass es durchaus Sinn macht, Anzuchterde für eine erfolgreiche Aussaat zu verwenden, bleibt nur noch die Frage zu klären: fertig kaufen oder selbst herstellen? Was spricht für gekaufte Aussaaterde, was für die eigene Herstellung:
- Bei fertig gekaufter Aussaaterde ist kein besonderes Vorwissen nötig.
- Anzuchterde fertig kaufen, spart Zeit.
- Die gekauften Sorten sind alle steril und man kann, je nach den Ansprüchen der Saat, unter verschiedenen Sorten und Herstellern wählen.
- Bei den jeweiligen Anbietern von Anzuchterde gibt sehr große Preisunterschiede, für 20 l kann man 6,50 EUR oder auch 20 EUR ausgeben.
- Stellt man die Anzuchterde selbst her, kann man individuelle Mischungen, je nach Pflanzenart und in der jeweils gewünschten Menge, herstellen.
- Preislich ist es nicht unbedingt günstiger, Aussaaterde selbst herzustellen. Schließlich müsste man sowohl den Zeitaufwand als auch die Energie- und Materialkosten miteinbeziehen.
- Gekaufte Anzuchterde ist künstlich, nährstofffrei und steril. Die eigene Herstellung ermöglicht eine biologische, natürliche (oder auch biologisch-dynamische) Beschaffenheit der Anzuchterde.
- Die Anzuchterde selbst herzustellen, kann manchem Hobbygärtner aber auch einfach nur Spaß machen. Obendrein gibt es das gute Gefühl, genau zu wissen, was drin ist.
Herstellung
Mit der Herstellung von Anzuchterde ist es im Grunde genauso, wie bei der Herstellung von Kartoffelsalat. Jeder (Hobby)Koch hat sein Rezept für dieses Gericht und schwört darauf. Genauso ist es auch mit der Herstellung von Aussaaterde. Die einen verwenden Kompost, andere warnen davor. Es gibt Rezepte mit Torf und umweltschützende Alternativen mit Kokos. Einige sterilisieren die Erde 30 Minuten lang bei 120° C im Backofen, andere bei 180° C und ein Dritter legt sie bei 800 Watt für 10 Minuten in die Mikrowelle. Auf jeden Fall gibt es aber dennoch ein paar grundsätzliche Dinge, für die Herstellung der eigenen Aufzuchterde, zu beachten. Es sind also die drei Grundvoraussetzungen, die es mit der Spezialerde zu erfüllen gilt:
- keimfrei, saatfrei
- nährstoffarm
- feinkrumig, locker
Das entsprechende Material wird, je nach Pflanzensorte ausgewählt und im richtigen Verhältnis gründlich miteinander vermischt. Für eine torffreie Mischung nimmt man zum Beispiel 1/3 Gartenerde, 1/3 reifen Kompost und 1/3 Sand. Eventuell gibt man noch eine Priese Gesteinsmehl oder Hornspäne dazu. Alles wird gut gesiebt und gemischt. Danach muss es sterilisiert werden. Das passiert am besten in einem ausrangierten Backofen (45 Minuten bei 150° C) oder auch in der Mikrowelle (10 Minuten bei 800 Watt). Durch dieses “Backen” werden die Sporen und Keime abgetötet. Für das Sterilisieren sind zwei Dinge wichtig:
- Das fertig gemischte Substrat vorab gut durchfeuchten. Erstens wird es gleichmäßiger heiß. Zweitens könnte ansonsten, besonders bei hohem Torfanteil, akute Brandgefahr bestehen!
- Niemals während des Vorgangs das Haus verlassen!
Substrate
Je nach Pflanzenart, Stark-, Mittel- oder Schwachzehrer, mischt man die Aussaaterde aus verschiedenen Materialien zusammen. Die Hauptbestandteile einer Aufzuchterde sind meistens Torf, Sand und Algenkalk. Wer aus umweltpolitischen Gründen keinen Torf verwenden möchte, kann stattdessen eine Mischung aus Kompost, lockerere Gartenerde (Maulwurfshügel, Wühlmäuse) und Sand verwenden. Natürlich gibt es noch viele Variationen mit anderen Materialien.
Torf
Torf ist luftig und kann sehr viel Wasser speichern. Er enthält nur sehr wenige Nährstoffe und ist sauer. Damit bietet er eine gute Grundlage für Anzuchterde. Der große Nachteil, Torf ist immer seltener werdender Rohstoff, der nur durch eine Zerstörung der noch bestehenden Moore gewonnen werden kann. Auch bereits trockengelegten Moore werden durch die Entnahme, als wertvolle Biotope zerstört. Es gibt torffreie Alternativen, zum Beispiel Kompost, Holzfasern, Kokosfasern.
Kompost
Anzuchterde sollte nicht nährstofffrei, sondern lediglich nicht nährstoffreich sein. Daher ist ein abgelagerter, gemischter Kompost aus Haus- und Gartenabfall sehr gut als Bestandteil für Aussaaterde geeignet.
Rindenhumus
Rinderhumus entsteht aus der Kompostierung von den Rinden. Die Rinde stammt meistens von Fichten und Kiefern. Diese Rinden müssen über eine lange Zeit hinweg kompostiert werden. Das Ergebnis ist perfekt für Aussaaterde: wasserdurchlässig und von stabiler Struktur. Die kleinen Wurzeln können ungehindert Wachsen und faulen nicht durch Staunässe. Genau wie beim Kompost finden sich auch im Rindenhumus jede Menge nützliche Mikroorganismen.
Kokosfasern
Kokosfasern werden in leichten Blöcken angeboten, die im Wasser ganz groß aufquellen. Nährstoffe sind kaum vorhanden, die Struktur ist perfekt zur Auflockerung der Aufzuchterde geeignet. In der Kombination mit anderen Substraten, wie Kompost und Rindenhumus sind sie ein guter Torfersatz.
Holzfasern
Holzfasern besitzen ähnlich günstige Eigenschaften wie Kokosfasern. Sie sind ebenfalls nährstoffarm, aber zersetzt sich sehr schnell. Wie Torf haben Holzfasern einen niedrigen pH Wert. Das Material darf selbstverständlich nicht aus behandelten Holzabfällen stammen.
Sand
Sand ist bei Aussaaterde immer mit von der Partie. Er ist für eine beständige Struktur und Wasserführung des Substrates wichtig. Sand enthält keine Nährstoffe und verrottet nicht.
Perlit
Perlite können Sand ersetzen. Es handelt sich dabei um ein Vulkanmaterial, das extra aufgebläht und mit einem Anteil Kalk versehen wird. Der pH-Wert liegt dann bei 5,5 bis 6.
Katzenstreu
Katzenstreu ist eine gute Zutat für Pflanzen, die nur sehr wenige Nährstoffe benötigen, zum Beispiel für Kakteen. Mit einer nährstofffreien Mischung aus Perlit, Bimskies und Katzenstreu gibt man den Sämlingen die besten Anreize für ihre Wurzelbildung. Wichtig: Katzenstreu auf mineralischer Basis und nicht klumpend.
Rezepte
Bei der Mischung von Aussaaterde macht Sinn, hier nach Starkzehren, Mittel- und Schwachzehrern zu unterscheiden. Eine kleine unvollständige Auswahl als Beispiel:
- Starkzehrer sind viele einjährige Blumen und die Gemüsepflanzen, wie zum Beispiel Kartoffeln, Tomaten, Kohl, Sonnenblumen und Geranien.
- Zu den Mittelzehrern gehören Laucharten, Kürbis, Gurken, Löwenmäulchen, Dahlien und Gloxinien.
- Schwachzehrer sind die meisten Kräuter, Feldsalat, Azaleen, Begonien, Kosmeen, Petunien und Stiefmütterchen sowie die meisten Dickblattgewächse und Palmenarten
Dementsprechend wählt man für die Herstellung von Anzuchterde für einen Schwachzehrer auf jeden Fall ein Rezept mit geringerem Nährstoffanteil als für einen Starkzehrer.
Grundrezept mit Torf
- Torf 33 %
- Sand 33 %
- Garten-, Blumenerde 33 %
Rezeptbeispiel für Starkzehrer
- Kokos- oder Holzfasern 40 %
- Kompost 30 %
- Gartenerde, Sand und Rindenhumus jeweils 10 %
Rezeptbeispiel für Mittelzehrer
- Kokos- oder Holzfasern 55%
- Kompost 20 %
- Sand 15%
- Rindenhumus 10 %
Rezeptbeispiel für Schwachzehrer
- Holzfasern und Kokosfasern je 40 %
- Sand 15 %
- Rindenhumus 5 %
Aussaat, Pikieren
Die Anzuchterde ist fertig gemischt und vorbereitet. Weitere Starthilfe kann man durch eine Vorbehandlung der Samen geben. Eine gute Starthilfe ist das Vorquellen der Samen. Das kann in Wasser passieren. Die Verwendung von Milch ist ein bewährter Trick. Die Milchsäure darin verstärkt den Quellprozess. Danach werden die Samen auf die Erde gelegt und je nach Keimart mit einer kleinen Schicht Erde zugedeckt. Um die Saat vor Pilzerkrankungen zu schützen kann man sie zuvor für einige Stunden in eine Beizflüssigkeit einlegen. Eine Möglichkeit ist die Knoblauchbeize. Dafür 100 g Knoblauch auspressen und mit 1 Liter heißem Wasser aufgießen. Über Nacht ziehen lassen und dann die Samen hineingeben. Vor dem Aussäen wieder trockenen lassen.
Zwischen der Aussaat und der endgültigen Anpflanzung steht das Vereinzeln (Pikieren) der kleinen Keimlinge. Dabei kann die Anzuchterde beibehalten werden, wird nun aber langsam mit Nährstoffen ergänzt. Dafür sind Hornspäne oder Hornmehl gut geeignet. Sie liefern wohldosierten Stickstoff. Auch fein gesiebte Kompostgaben sind eine gute Möglichkeit für eine langsame Anreicherung mit Nährstoffen. Stehen die Jungpflanzen dann an ihrem vorgesehenen Ort, ist regelmäßiges Wässern, bei guter Dränage angesagt. Staunässe und Trockenheit sind unbedingt zu vermeiden. Mit diesen Maßnahmen haben die jungen Pflanzen einen bestmöglichen Start für ihr weiteres Wachstum bekommen.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist der Zeitpunkt zum Pikieren gekommen?
In der Regel fängt man mit dem Vereinzeln an, sobald sich nach den Keimblättern die ersten richtigen Blätter gebildet haben. Lieber etwas zu früh als zu spät pikieren. Die kleineren Pflänzchen wachsen noch leichter an, als die größeren.
Trotz Aussaaterde, die Saat geht nicht auf?
Vor dem Aussäen sollte man sich kundig machen, ob es sich bei den Samen um Kaltkeimer handelt. Das ist bei vielen Stauden und Gehölzen der Fall. Eine natürliche Keimhemmung sorgt dafür, dass die Saat bei milden Temperaturen im Winter nicht aufgeht. Die Samen benötigen eine längere Kälteperiode, bevor sie keimen. Die Samen vor der Aussaat in eine Tüte mit feuchten Sand, mehrere Wochen bei ca. 5° C im Kühlschrank lagern. Natürlich kann es sich auch einfach um eine schlechte Saat handeln, die Aussaatzeit wurde nicht beachtet, die Samenkörner wurden von Tieren stibitzt oder vom Regen weggeschwemmt.