Nur wenig Zeit? Dann lies unsere Tipps für Schnellleser.
Fünf Mal Obst und Gemüse am Tag? Das klappt nur einmal im Jahr: Während der Erdbeer- und Spargelsaison, morgens Erdbeeren in Milch, vormittags eine Hand voll frisch gepflückt, mittags Spargel mit Schnitzel, nachmittags Erdbeerkuchen, abends Spargelsalat mit Lachs. Falls Sie vermuten, dass Ihnen drei Mal Erdbeeren am Tag schnell langweilig werden, sollten Sie beginnen, die ganze Vielfalt der Erdbeeren zu entdecken – meist geht es erst einmal darum, mit alten Erdbeersorten den eigenen Erdbeergeschmack zurück zu gewinnen, und dann können Sie in die Vielfalt inzwischen beliebter Sorten starten.
Gattung, Arten, Sorten
Die Sorten der Erdbeere kommen ganz zum Schluss, oben in der Einteilung beginnt es erst einmal damit, dass die Erdbeeren, die Fragaria, eine ganze eigene Gattung bilden. Eine Gattung innerhalb der Rosengewächse, zu der etwa zwanzig Arten gehören, deshalb folgt zunächst ein Überblick über die heute noch erhältlichen, ursprünglichen Arten:
1. Die Gartenerdbeere ist keine ursprünglicher Art, sondern hat eine komplizierte Entstehungsgeschichte: Für das Gebiet des heutigen Deutschland ist nachgewiesen, dass Erdbeeren bereits im Mittelalter kultiviert wurden. Allerdings stand damals bei uns nur die Fragaria vesca zur Verfügung, die Walderdbeere, und wer damals die nachgewiesen riesigen Felder voller Erdbeeren mit winzigen Früchten abernten durfte, darf sicher heute noch nachträglich bedauert werden. Man kannte bereits im Mittelalter Methoden, um die Winzlinge früher oder später reif werden zu lassen, nur größer wollte die Walderdbeere sich einfach nicht züchten lassen.
Das kam erst, als französische Siedler entlang des Sankt-Lorenz-Stroms (Kanada) die großfruchtige wilde Scharlach-Erdbeere entdeckten und diese im 18. Jahrhundert in Europa einführten, gleichzeitig kam auch die Erdbeere aus Chile zu uns, mit noch größeren Früchte. Diese Fragaria virginiana und Fragaria chiloensis kreuzten sich in der Folgezeit mehrfach, und daraus entstand die Fragaria × ananassa oder F. x magna, die Urmutter aller Gartenerdbeeren. Zu deren unglaublicher Vielfalt an Sorten erfahren Sie im nächsten Abschnitt mehr.
2. Neben dieser Kultur-Hybride werden einige der Wilderdbeer-Arten kultiviert, Gärtner können hier noch viele Entdeckungen machen. Sie können die “Eltern” der Gartenerdbeere in ursprünglicher Form anbauen:
- Chile-Erdbeeren, Fragaria chiloensis: Robust, dickblättrig, mit kräftiger Frucht, Sorte Lucida perfecta, aber eher seltener in Urform zu finden, öfter gibt es ursprüngliche Zuchtsorten mit einem großen Anteil an Chile-Erdbeeren.
- Scharlach-Erdbeeren, Fragaria virginiana: Im Gegensatz zu den Zuchterdbeeren für uns nicht mehr besonders großfrüchtig, an Aroma dafür weit überlegen, z. B. in den Sorten Maikönigin und Little Scarlett.
3. Moschus-Erdbeere, Zimterdbeere, Fragaria moschata: Eine der bei uns heimischen Arten, durch wilde Kreuzung entstanden, heute in Kulturformen zu erwerben. Dunkelrot, sollen “vor Erdbeer-Aroma nur so strotzen”, in mehreren Sorten erhältlich:
- Askungen: Selbstfruchtbares, Ausläufer bildendes Geschmackswunder
- Bauwens: Einzigartiger Geschmack, duftende Früchte, braucht Befruchter, da sie nur weibliche Blüten bildet.
- Marie Charlotte: Wahrscheinlich alte französische Sorte handeln, selbstfruchtbar und mit außergewöhnlichem Geschmack.
- Profumata di Tortona: Echte Geheim-Sorte aus dem Piemont in Italien, wegen der Feinschmecker extra hinreisen, weil sie nicht transportfähig ist.
4. Knack-Erdbeere, Hügel-Erdbeere, Fragaria viridis, die nächste der in Mitteleuropa heimischen Erdbeerarten. Bei Erdbeer-Spezialisten als Kulturpflanzen zu finden, erfreut neben einem Walderdbeeren ähnlichen säuerlichen Aroma durch ein hörbares Knacken bei der Ernte.
5. Fragaria vesca: Die Walderdbeere in ihrer Urform. Sie steht lieber kühl und feucht als heiß und trocken, kann also an sonst nicht von Erdbeeren bestandenen Bereichen des Gartens gepflanzt werden. Sie können die Walderdbeere dort verwildern lassen, sie bildet im Laufe der Zeit einen Teppich, der umso besser trägt, je älter er ist. Die Früchte der Kultur-Walderdbeeren sind übrigens nicht mehr ganz so winzig, nur das Aroma ist noch genauso erstaunlich wie zu ihren Urzeiten. Sie wird in mehreren Sorten kultiviert:
- Blanc Ameliore, weißfrüchtig und ausläufertreibend
- Weiße Baron von Solemacher, weißfrüchtige Sorte vom Beginn des letzten Jahrhunderts
- Cocoserdbeere, Teppicherdbeere mit deutlichem Kokosgeschmack
- Waldsteinchen, große Frucht für Walderdbeeren, sehr gutes Aroma
- Russische Teppicherdbeere, dicht wachsend, intensiver Walderdbeer-Geschmack
6. Fragaria x vescana: “Halbwilde” Erdbeersorte, Kreuzung aus Gartenerdbeere und Walderdbeere, die von der Gartenerdbeere die Fruchtgröße und den reichen Ertrag übernehmen sollte und von der Walderdbeere das Aroma. Das scheint geklappt zu haben, die F. x vescana wird bereits in mehreren Sorten kultiviert, mit den schönen Namen Annelie, Sara, Rebecka (schwedisches Zuchtprogramm) und als Spadeka und Florika im deutschen Zuchtprogramm, beides Sorten für die Anlage einer Erdbeer-Wiese, mit viel Ertrag, stark wachsend und Ausläufer bildend.
7. Zu den Wildarten gehört auch die südost-asiatische Fragaria nilgerrensis, die Aprikosenerdbeere, die heute in Kultur angebaut wird.
Sorten der Gartenerdbeere
Aus der Urform der Gartenerdbeere wurden seit dem 18. Jahrhundert über eintausend Sorten Gartenerdbeeren gezüchtet. Die Wahl der richtigen Erdbeersorte für den eigenen Garten zu treffen, ist also durchaus eine Herausforderung.
Es gibt Sorten für alle Wünsche, bodendeckende Erdbeeren und Klettererdbeeren und Hänge-Erdbeeren, Erdbeer-Sorten, die einen Monat tragen und Erdbeeren, die immer tragen, kleinfrüchtige und großfrüchtige, weiße und hellrote und dunkelrote. Viele Sorten kennen Sie bereits aus dem Handel, Ihr Augenmerk soll hier jedoch auf alte, fast vergessene Zuchtsorten gelenkt werden.
Da der Erdbeer-Gärtner die Sortenauswahl meist mit einigen Naschmäulern zusammen trifft, für die die Zeit der Ernte das Wichtigste ist, werden Ihnen nun ein paar Sorten für jede Erntezeit vorgestellt:
Frühe Erdbeer-Sorten
Wenn Sie es einfach nicht erwarten können:
- 1. Lambada: Sehr süße, glänzend rote und ziemlich feste Früchte, die gerne als Gourmet-Erdbeeren verkauft werden. Sollten bald nach der Ernte verzehrt werden, weil sie schnell an Geschmack verlieren. Lambada wird von Allergikern oft sehr gut vertragen.
- 2. Osterfee: 1917 gezüchtet, feiert also bald ihr 100-Jahre-Jubiläum, frühe Sorte mit mittelgroßen Früchten, sehr gesund, wird kaum von Fäulniskrankheiten befallen.
Sorten für die Ernte mitten in der Saison
Das sind sozusagen die “normalen” Erdbeeren, häufig mit dem besten Aroma gesegnet, weil sie sich eben in der “normalen” Zeit entwickeln, in der eine Erdbeeren so wächst, und schön viel Sonne abbekommen:
- 1. Korona: Gehört zu den häufigsten Erdbeeren Deutschlands, leuchtend hellrote, mittelfeste Früchte, die aromatisch, recht süß und ziemlich haltbar sind.
- 2. Mieze Schindler: Nostalgiesorte mit 100jähriger Geschichte, die gerade neu entdeckt wird. Liebhaber schwärmen von der kleinfrüchtigen “Praline unter den Erdbeeren”, die besonders süß und zart ist. Mieze Schindler muss zusammen mit einer Befruchtersorte angebaut werden, da sie nur weibliche Blüten ausbildet, die sich nicht selbst bestäuben können.
- 3. Polka: Stark glänzende Früchte mit bis zu purpurroter Farbe, süßes und sehr aromatisches Fruchtfleisch, hoher Ertrag nur in schweren Böden mit viel Feuchtigkeit während Blüte und Reifezeit.
- 4. Senga Sengana: Beliebte Sorte und eine der erfolgreichsten Züchtungen überhaupt, trägt viele dunkelrote süße und aromatische Früchte, dabei robust und widerstandsfähig.
Sorten für die späte Ernte
Keine Angst, die Erdbeersaison ist noch nicht zu Ende:
- 1. Salsa: Trägt erst spät im Juni, große hellrote Früchte, die sich lange halten, aromatisch und sehr saftig.
- 2. Symphony: Tolles Aroma, hoher Ertrag, feste Früchte mit glänzender Oberfläche, auch wegen langer Lagerfähigkeit eine gute Wahl für die späte Erdbeerkultur.
Häufig gestellte Fragen
Ist ja schön, dass so viele Sorten Erdbeeren gibt, aber ich habe noch nie eine von denen gesehen?
Vielleicht kaufen Sie in den falschen Läden? Die alten Erdbeersorten werden von Gartenfachbetrieben gezogen und verkauft, die sich dem Thema mit echter Leidenschaft verschrieben haben, im nächsten Discounter werden Sie kaum solche Erdbeerpflanzen finden. Erkunden Sie Ihre Region (die meisten Fachbetriebe lassen sich übers Internet finden), irgendwo in Ihrer Nähe wird man Ihnen sicher selbst gezogene, besondere Erdbeersorten bieten können, die Ihnen beim Kauf auch noch den Vorteil bieten, in bekannter Erde angezogen worden zu sein.
Brauche ich eine spezielle Sorte für Balkon oder Terrasse?
Wenn Sie keinen Garten haben, muss Sie das nicht am Anbau hindern: Viele Erdbeersorten sind deshalb so beliebt, weil sie sich sehr gut auf dem Balkon anbauen lassen. Hier werden auch sehr gerne die verschiedenen Sorten von Monatserdbeeren angepflanzt, die für den Garten eigentlich nicht so in Frage kommen, weil man nie mehr als drei bis vier Erdbeeren gleichzeitig ernten kann. Aber zum Naschen reicht es, und das klappt mit einer Monatserdbeeren durchaus schon einmal von Juni bis Oktober.